Dieser Beitrag ist ein Nachtrag zu: 2. Bemusterung: Treppe

Gestern erhielten wir von Haubner Treppen eine E-Mail, dass uns erneut die Treppe mit Mittelhandlauf empfohlen wird, da dies aus technischer Sicht Vorteile für uns hätte. Obwohl wir die Entscheidung schon am Mittwoch treffen sollten, hatte sich der Treppenbauer also selbst nochmal drei Tage Zeit genommen, um uns von den “Vorzügen” des Mittelhandlaufs zu überzeugen.

Zwischenzeitlich haben wir uns allerdings zu dem Thema auch nochmal schlau gemacht. In der Tat ist es so, dass Wandhandläufe eher selten verkauft werden und primär der Mittelhandlauf auf der Harfe (bzw. Geländer) eingebaut wird. Die Gründe sind dabei meist optischer Natur: so ein Wandhandlauf bricht die Optik der Wand und sieht im allgemeinen nicht sonderlich toll aus. Außerdem verringert der Wandhandlauf die Laufbreite der Treppe um ca. 10cm.

Ist also der Einwand des Treppenbauers berechtigt?

Barrierefreiheit

Nein, keineswegs. Wir sind weiterhin der Meinung, dass die Treppe in erster Linie zum sicheren und gefahrlosen Wechseln zwischen den Etagen da sein sollte. Optik ist wichtig, keine Frage, aber nicht auf Kosten der Sicherheit. Aus diesem Grund haben wir Rücksprache mit unserem Bauherrenberater gehalten, welcher uns ausdrücklich zum Wandhandlauf geraten hat, da dieser die Barrierefreiheit und Sicherheit im Haus wesentlich erhöht.

Manche Personen, insbesondere ältere Personen, müssen sich an einem Handlauf festhalten können, um nicht die Treppe herabzustürzen. Ein anderes Beispiel ist, wenn man sich den Arm oder die Hand gebrochen hat. In diesem Fall fehlt entweder beim Hochgehen oder Runtergehen die Möglichkeit zum Festhalten. Nun könnte man ketzerisch behaupten, dass derjenige einen gebrochenen Arm hat, weil er die Treppe aufgrund des fehlenden Handlaufs schon abgestürzt ist. Der zweite Arm folgt dann sicherlich kurz darauf.

Aus gründen der Barrierefreiheit wird also empfohlen, dass bei gewendelten Treppen ein zweiter Handlauf anzubringen ist, welcher sich auf der breiten Seite der Stufen befinden:

In privaten Einfamilienhäusern sind beidseitige Handläufe mindestens bei gewendelten Treppe zu empfehlen – besonders, wenn sich Treppengeländer und Handlauf auf der Innenseite der Treppe befinden, wo die Stufen schmal und gefährlich sind.

nullbarriere.de/treppensicherheit.htm

Stufenbreite

Die Breite der Stufen ist in der DIN 18065 mit einer Mindestbreite von 1m festgelegt. Für Wohngebäude mit bis zu zwei Wohnungen gelten 80cm als Mindestmaß. Unsere Treppe hat eine Stufenbreite von 92cm. Wenn wann davon die 10cm für den Handlauf abzieht, sind wir immer noch im geforderten Mindestmaß.

Fehler in der Kalkulation?

Wenn uns also erst der Vertriebler und im Anschluss der Prokurist des Treppenherstellers persönlich technische Vorteile deutlich machen wollen, wo offensichtlich keine sind, und das dann sogar plötzlich kostenneutral anbieten, liegt die Frage nahe, wozu dieser Überzeugungsaufwand?

Die meisten Unternehmen arbeiten prozess- und gewinnorientiert. Wenn der Großteil der verbauten Treppen einem bestimmten Typ entsprechen lassen sich Arbeitsschritte und Herstellungsprozesse darauf optimieren und kosteneffektiv durchführen. Für den Endverbraucher werden Luftmehrwerte verkauft, das heißt der Kunde bezahlt für eine Leistung Aufpreis, die für den Hersteller kostenreduzierend wirkt. Das Unternehmen verdient also doppelt.

Man kann also die These in den Raum stellen, dass der Wandhandlauf “weg diskutiert” werden sollte, da dieser zusätzlichen Herstellungs- und Installationsaufwand bedeutet – ein Mittelhandlauf wird ja nur oben aufgeschraubt – und diese Kosten vermieden werden sollen.

Wir haben uns nicht dazu verleiten lassen und werden nun eine Treppe mit Wandhandlauf erhalten. Mit Sicherheit!

Learnings

  • Optik auf Kosten der Sicherheit als Mehrwert zu verkaufen ist aus unserer Sicht grundfalsch.
  • Das Vorgehen “Druck aufbauen”, “Preis klein reden” und “Luftmehrwerte verkaufen” ist nicht sonderlich überzeugend. Uns schreckt das eher ab.

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